Mann kuschelt mit Hahn

Reyerhof, Stuttgart-Möhringen


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Demeter - nur noch mit Aufzucht der Hähne

Bruderhahn statt Geschlechtsbestimmung im Ei

Seit 2022 ist das Töten von männlichen Eintagsküken in Deutschland verboten. Bisher setzt die Geflügel-Branche dabei allerdings hauptsächlich auf die Geschlechtserkennung im Ei (In-Ovo-Selektion). Damit wird das Töten der männlichen Eintagsküken jedoch nur um einige Tage nach vorne verlegt. Der Demeter-Verband hingegen setzt sich mit der Ökologischen Tierzucht gGmbH für einen ganzheitlichen Ansatz ein, bei dem auch der Hahn einen Platz im Kreislauf der ökologischen Landwirtschaft hat.

Keine Geschlechtsbestimmung im Ei bei Demeter

Demeter-Delegierte haben sich bereits 2018 entschlossen, dass die In-Ovo Geschlechtsbestimmung und die nachfolgende Vernichtung der männlichen, angebrüteten Eier im Demeter-Verband in Zukunft nicht angewandt wird.

Dazu Demeter-Vorstand Alexander Gerber: „Jetzt ist es noch klarer: Demeter will kein Kükentöten mehr, aber auch keinen faulen Kompromiss, wie man ihn mit der In-Ovo-Selektion eingehen würde. Denn damit würden die männlichen Küken nur früher getötet. Wir gehen der Fragestellung, wie man mit den männlichen Tieren in der Legehennenhaltung umgeht, ganzheitlich um: Mit der Ökologischen Tierzucht haben wir die Züchtung des Ökohuhns der Zukunft auf den Weg gebracht – hier werden beide Tiere aufgezogen, Hahn und Henne!“

Bei Demeter werden männliche Küken aufgezogen

Denn bei Demeter gehört der Hahn dazu. Die Tiere werden artgerecht großgezogen und dann gemästet und geschlachtet. Gemeinsam mit Bioland hat der Verband die Ökologische Tierzucht gGmbH gegründet, die das Ökohuhn von morgen züchtet. Ziel ist es, ein gesundes Gleichgewicht zu schaffen und eine Alternative zu einer Zucht, die auf einseitige Spezialisierungen und maximale Erträge setzt. Deshalb legen die Öko-Hühner legen etwas weniger Eier, die Hähne setzen dafür mehr Fleisch an.

Hintergrund

Bis dieses Praxis 2022 verboten wurde, wurden in Deutschland nahezu alle Hähne aus der Brut von Legehennen (sog. Bruderhähne) am ersten Tag getötet und als Futter an fleischfressende Tiere eingesetzt. Neben Zoos und Tierparks waren vor allem Falknereien jeglicher Größe Abhnehmer für solche Futterküken.

Hand füttert Hahn

Reyerhof, Stuttgart-Möhringen

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Alternativen

Seit rund 12 Jahren versuchen einige Initiativen und Projekte, die Brüder der Legehennen als sogenannte Bruderhähne aufzuziehen und zu mästen. Die bekanntesten Initiativen in Deutschland sind die Bruderhahninitiative Deutschland (BID) im Norden und der „Stolze Gockel“ von Peter Schubert im Süden. In beiden Projekten werden die Hähne bis ca. 18 bis 20 Wochen gemästet und nach dem Schlachten als ganze Tiere oder zerlegt oder auch als fertige Produkte verkauft. Mittlerweile gibt es eine breite Palette an Gockelprodukten (Fertiggerichte im Glas, TK-Waren, Wurst etc.). In beiden Projekten wird die Mast der Hähne durch einen Zuschlag auf die Eier von rund 4 Cent / Ei subventioniert. Der Verkauf der Produkte erfolgt in der Regel über die gleichen Wege wie der Verkauf der Eier. Derzeit gehen von uns rund 100.000 Hähne p.a. in diese Form der Hahnenmast.

Einen etwas anderen Weg versucht man durch den Einsatz von sogenannten Zweinutzungshühnern. Nach Definition der Beteiligten (siehe unter anderem www.oekotierzucht.de) versteht man darunter Tiere, bei denen sowohl Hahn als auch Henne ohne Querfinanzierung durch die „andere Seite“ auskommen; also dass der Hahn schnell genug wächst und die Henne genügend Eier legt. Hier gibt es seitens der Ökologischen Tierzucht gGmbH bereits vielversprechende Versuchsherden mit Zweinutzungstieren aus Gebrauchskreuzungen von Lege – und Mastrassen.

Das Zweinutzungshuhn wird zwar unter rein wirtschaftlichen Aspekten nicht die Leistungsfähigkeit der spezialisierten Mast-  oder Legelinien erreichen, kann aber für marktnah wirtschaftende Betriebe eine echte Alternative zu den hochspezialisierten Linien der großen Zuchtkonzerne sein. Auch um die Abhängigkeit von wenigen großen, internationalen Zuchtkonzernen zu reduzieren ist die unabhängige Zucht des Zweinutzungshuhns eine Strategie. Ein Nebenziel ist es, den Markt im Bereich der bäuerlichen Hühnerhaltung zu beleben und die Betriebe nachhaltig stärken.

Die Geschlechtsbestimmung im Ei (In-Ovo-Selektion) ist letztlich eine vorgezogene Tötung männlicher Tiere im Embryo-Stadium. Richtigerweise müsste man also nicht von einer „Geschlechtsbestimmung im Ei“ reden, sondern von der „ Tötung im Ei“. Denn alle als „männlich“ erkannten Embryos werden getötet und „entsorgt“ über Tierkörperbeseitigungsanlagen. Der Unterschied zur derzeit praktizierten Methode der Kükenselektion und -tötung besteht also in einer um 10 – 16 Tage früheren Tötung des ungewollten männlichen Tieres. Eine Verwertung wie beim „Futterküken“ für Zootiere ist nicht möglich.