Entwicklungsbericht 2022-2023

Ökologische Tierzucht

2022 ist am Biomarkt nicht spurlos vorübergehen. Die angespannten Märkte erreichten auch alle vor- und nachgelagerten Bereiche. Abgesehen von den zusätzlichen Auswirkungen der Einbrüche am Eiermarkt 2022 und den sonstigen „Unsicherheiten“ in der Geflügelbrache, stagnierte die Nachfrage nach Bruteiern und Küken auch bei der ÖTZ fast schlagartig. Die Arbeit im neu geschaffenen Bereich der Rinderzucht trägt erste Früchte - mehr dazu weiter unten. 

Ein Hahn und zwei Hennen auf Wiese

ÖTZ-Rassen Coffee & Cream, Foto: Eva Wolf, Demeter e.V. 

Bilanz 2022 – Weniger ist mehr – oder schwer?!

Der Absatz der Küken-Verkäufe brach im Vergleich zum Vorjahr um 30% ein. Für die ÖTZ und alle Partner:innen war das eine echte Herausforderung. Einige Betriebe mussten ganz umdisponieren aber andere haben auch an den Zweinutzungshühnern festgehalten und manche sind gar neu dazugekommen. Wie ein roter Faden zieht sich die Frage um „weniger ist mehr – oder schwer?“ durch unsere Arbeit. Denn es geht uns darum, bei der Nutztier-Wertschöpfung ein sinnvolles Maß zu etablieren, bei dem Tierwohl und Wirtschaftlichkeit zusammenpassen. Wir wissen und verstehen, dass es aktuell manchem Betrieb sicher schwerfällt, weiter auf ÖTZ-Hühner zu setzen – deshalb sagen wir Danke! Allen unserer Partner:innen, Förderern und Unterstützer:innen.

Wir bleiben zuversichtlich und zielstrebig auf dem Weg zu mehr Wertschätzung für das Tierwohl. Und mehr Wertschöpfung für die Arbeit der Menschen auf den Höfen und in den Betrieben.

Managementguide ÖTZ

Managementguide

Anfang 2023 hat die ÖTZ einen Managementguide für die praktische Landwirtschaft herausgegeben. Mit Einblicken in die ökologische Zuchtarbeit und ausführlichen Steckbriefen der ÖTZ Genetiken sowie übersichtlich aufbereiteten Ergebnissen aus mehrjährigen Leistungsprüfungen und verschiedenen Managementhinweisen steht den Landwirt:innen nun ein kompaktes Nachschlagewerk zur Verfügung. Alle die mehr wissen wollen, können in dieser Broschüre auch zur Historie der ÖTZ als auch zu Aktuellem, wie der Erweiterung um den Bereich der ökologischen Rinderzucht 2020, lesen. Den Managementguide hier online lesen oder die Printversion bestellen.

Neugestaltung des ÖTZ Produktsiegels

Mit der Erweiterung der ÖTZ um den Bereich der ökologischen Rinderzucht war es an der Zeit, das bekannte Produkt-Siegel mit dem Motiv »Hahn und Henne« in der Mitte zu überarbeiten und dabei die ÖTZ als Symbol für die ökologische Tierzüchtung in den optischen Mittelpunkt zu stellen. In Form und Farbe ist das Produktsiegel nahezu unverändert geblieben – mit Absicht! Mehr dazu hier.

Aber bitte mit Sahne!

Die ÖTZ Coffee und ÖTZ Cream Kreuzungen sind klassische Zweinutzungshühner und die „Klassiker der ÖTZ“. Diese zukunftsweisenden Zweinutzungshühner zeichnen sich durch ein harmonisches Gleichgewicht zwischen Legeleistung und Fleischansatz aus. Inzwischen werden sie in Deutschland auf gut 300 Betrieben gehalten und auch aus dem europäischen Ausland steigt die Nachfrage zunehmend. Bruteier der Coffee und Cream können direkt von der ÖTZ bezogen werden. Für den Bezug von Küken und Jungtieren gibt es ein bundesweites Netzwerk von Partnerbrütereien und -aufzuchtsbetrieben. Steckbriefe der Tiere mit detaillierten Leistungsdaten.

Neu in der Herde – ÖTZ Caramel

Zu den ÖTZ Genetiken gehört seit 2022 auch die ÖTZ Caramel Erhaltungszucht– eine Kreuzung aus Deutschem Lachshuhn-Hahn und White Rock-Henne. Zwar hat diese Kreuzung (noch) keine EU-Zulassung, weshalb sie sich bisher nur für die Haltung auf kleineren Betrieben eignet. Hier hat sie aber durch ihr besonderes Erscheinungsbild und ihrem Beitrag zum Erhalt der bedrohten alten Rasse Deutsches Lachshuhn als Wirtschaftshuhn ein besonderes Alleinstellungsmerkmal.

Ein voller Erfolg – das Online-Fachforum  

Im Mai 2022 hatte die ÖTZ im Rahmen des Öko2Huhn Projektes zum ersten Online-Fachforum für Zweinutzungshuhn und Bruderhahn eingeladen. Über 300 Teilnehmer:innen verfolgten an zwei Tage verschiedene Beiträge zu aktuellen Erkenntnissen aus Praxis und Wissenschaft. Im April 2023 fand das Online-Fachforum wieder statt.

WerterHahn – ein Projekt zum Aufbau von Wertschöpfungsketten

ÖTZ Zweinutzungshähne stellen eine besondere Alternative zur klassischen Hochleistungsmast und den Bruderhähnen der Legehennenhaltung dar. Sie tragen ein vielseitiges Potenzial für Wertschöpfung und Wertschätzung in sich und zeichnen sich durch einen systemischen Mehrwert aus. Allerdings sind sie aktuell noch ein Nischenprodukt. Um das Angebot von Hahnenfleisch und entsprechenden Absatzmöglichkeiten zusammenzubringen, kann die ÖTZ auf ein breites Netzwerkt von Akteur:innen der Branche zugreifen und berät sowie vernetzt gerne.

Im Rahmen des vom BÖL geförderten Projektes „WerterHahn“ hat die ÖTZ Anfang 2022 gemeinsam mit der Brudertier Initiative Deutschland e.V. (BID) und der Bauckhof GmbH eine Koordinationsstelle Hahnenfleischeingerichtet. Ziel ist es, Angebot und Nachfrage von Hahnenfleischerzeugnissen zusammen zu bringen und Partnerschaften entlang der Wertschöpfungskette (von Erzeuger-, Schlacht- und Verarbeitungsbetrieben bis hin zum Handel und der Gastronomie) zu vermitteln. Mehr zum Projekt und Ansprechpartner: innen.

Alle Jahre wieder – der Tag des Zweinutzungshuhns

Am 22. Januar fand dieses Jahr zum zweiten Mal der Tag des Zweinutzungshuhnes statt. Zu Gast bei Bio-Spitzenkoch Alfred Fahr auf der BÖL-Bühne der Grünen Woche in Berlin bereitete Geschäftsführerin Inga Günther Leber und Buletten Berliner Art vom ÖTZ Zweinutzungshuhn zu und klärte das Publikum über die Besonderheiten der Zweinutzungshühner aus ökologischer Züchtung auf. Alfred Fahr ergänzte mit hilfreichen Tipps für die Zubereitung und war spürbar begeistert von der Qualität der ÖTZ-Zutaten. Geschmeckt hat´s wunderbar und das Rezept zum Nachkochen gibt’s hier.  

Rinderzucht

Die Arbeit trägt erste Früchte

Im zweiten Jahr seit Beginn der Arbeit der ÖTZ an der Zukunft der ökologischen Rinderzucht konnten wir die ersten handfesten Erfolge feiern und die ersten wichtigen Aufträge aus Verbänden und Praxis abschließen. Während sich die persönliche und fachliche Basis in einem lebendigen und diskussionsfreudigen Beirat kontinuierlich verbreitert, hat 2022 vor allem nochmals eindrücklich gezeigt, wie vielfältig, herausfordernd und zugleich dringlich die Themen in der Rinderzucht sind.

Wichtige Meilenstein und Entwicklungen

Die Entwicklung hin zu zunehmend technisch und ökonomisch optimierten Zuchtstrukturen schreitet unvermindert voran, und erschwert es den Demeter-Rinderhaltern Platz für Ihre Ideale, sei es die Hörnerzucht oder der Natursprung zu finden. Am Ende ist es wie in der Zucht selbst: Was wir heute anstoßen und beginnen, soll am Ende über Generationen wirken, braucht aber zumeist mindestens eine Rindergeneration (mind. 5 Jahre) bis es vollends wirkt. Die ersten Schritte haben wir erfolgreich gemacht, 2023 kann kommen.

 

schwarz-weiße Kuh und Bulle stehen auf Weide

Schwarzbunte am Schepershof, Foto: Katrin Bader, Demeter e.V.

Eigene Bullenempfehlungen werden veröffentlicht

Ein wichtiger erster Auftrag aus Praxis und Beratung war die Veröffentlichung eigener Bullenempfehlungen durch die ÖTZ möglichst in einer Vielzahl von Rassen. Wir konnten nach anregender und konstruktiver Diskussion mit Praktikern und Beratern im Beirat der Rinder-ÖTZ klare und gute Kriterien für Empfehlungen festlegen. Wir veröffentlichen nun seit Mitte 2022 zunächst in den Rassen Fleckvieh und Holstein unabhängige Bullenempfehlungen. Die Empfehlungen sollen ökologischen Züchtern helfen aus der großen Zahl an verfügbaren Besamungsbullen für ihre Herde geeignete Bullen zu finden, die langlebige, robuste und gesunde Töchter versprechen. Für Demeter-Betriebe werden zusätzlich Listen erstellt, die die besonderen Anforderungen der Demeter-Richtlinien zum Embryotransfer und der genetischen Hornlosigkeit berücksichtigen. Die Empfehlungen sind dauerhaft auf der Homepage der ÖTZ vefügbar.

Die Mehrheit der ökologischen Rinderhalter arbeitet in den weitestgehend konventionell geprägten Rinderzuchtprogrammen mit und besamt die eigenen Tiere künstlich. Eigene Strukturen und Angebote, die den Öko-Züchtern helfen die für sie geeignete Genetik auf dem breiten Markt der Besamungsbullen zu finden sind ein wichtiger Baustein für die Entwicklung der ökologischen Rinderzucht. Während bei Fleckvieh und Braunvieh bereits seit längerem ein ökologischer Gesamtzuchtwert genau diese Funktion erfüllt, fehlt uns ein vergleichbares Werkzeug bei den Deutschen Holsteins. Wir haben in erfolgreichen Gesprächen mit dem Bundesverband Rind und Schwein und den Zuchtorganisationen ein vielversprechendes Konzept für einen ökologischen Gesamtzuchtwert erarbeitet und bereits mit Praktikern abgestimmt. Die geplante Einführung im Laufe des Jahres 2023 wird ein wichtiger Meilenstein für uns und die ökologische Rinderzucht sein.

Das Netzwerk aus Betrieben die Tiere mit Hörnern züchten lebt und wächst. Das von der Software AG Stiftung geförderte dazugehörige Projekt ermöglicht uns die Betriebe direkt in ihrer Zuchtarbeit zu unterstützen. Wir können so die Betriebe weiter vernetzen und ihnen Beratung und Wissenstransfer zur Suche nach nachhaltigen und erfolgreichen züchterischen Alternativen bereitstellen. Wir streben an, das Projekt in 2023 auszuweiten und weitere Themen wie die Kuhfamilienzucht zu integrieren.

Neben den Bullenempfehlungen wurde als weiterer wichtiger Auftrag die Entwicklung eines Marktplatzes für Zuchttiere in Angriff genommen. Im ersten Schritt steht nun eine einfache Kleinanzeigenplattform dauerhaft auf der Homepage der ÖTZ zur Verfügung. Landwirte die Tiere anbieten wollen oder suchen, können sich gerne an die ÖTZ wenden, um Anzeigen zu schalten. Eine Verknüpfung zur offiziellen Tierdatenbank organicxlivestock ist geplant.