Die Saat geht auf – Auch beim Saatgut aus der Vielfalt schöpfen

Allen Wetter-Kapriolen zum Trotz ist die Saat auf den Demeter-Äckern und in den Beeten der biodynamischen Gartenbaubetriebe längst aufgegangen. Wer Getreide oder Gemüse sät, findet eine kontinuierlich wachsende Zahl an Saatgut-Angeboten mit Sorten aus der biodynamischen Pflanzenzüchtung.

Jüngster Erfolg ist die erstmalige Zulassung von zwei Vielliniensorten des Demeter-Züchters Hartmut Spieß vom Dottenfelderhof in Bad Vilbel durch das Bundessortenamt. Für eine Vielliniensorte wird in einer Getreidesorte eine Mischung aus verschiedenen Linien vereint. Brandex und Liocharls heißen die neuen, jetzt anerkannten Ergebnisse  dieser Entwicklungsarbeit. Die breitere Vielfalt innerhalb der Population sichert größere Ertragsstabilität und höhere Widerstandsfähigkeit des damit angebauten Getreides, nicht zuletzt gegen die zunehmenden Witterungsextreme, erklären die Züchter.

Wer Qualität von Anfang an will, kommt um die langwierige, manchmal mühsame und immer kostenintensive Züchtungsarbeit im Einklang mit der Natur nicht herum. Der Öko-Landbau braucht Saatgut, das optimal an seine besonderen Arbeitsweisen angepasst ist, widerstandsfähig ist und guten Ertrag sichert. Deshalb engagieren sich vor allem biodynamische Bauern und Gärtner für eine eigenständige Sortenentwicklung für die Bio-Branche. „Das schafft Unabhängigkeit von den Angeboten der Saatgutindustrie, die auch zunehmend auf gentechnologische Verfahren setzt“, betont Antje Kölling vom Demeter e.V., der als erster Verband Richtlinien für die Züchtung erlassen hat und biodynamische Sorten zertifiziert. „Um diese Bio-Züchtungen auch auf den Markt bringen zu können, müssen rechtliche Bedingungen geschaffen werden, die das vereinfachen. Das zeitlich befristete Projekt zur Anerkennung von Populationen ist ein richtiger  Schritt – es muss aber unbedingt verlängert werden.“

Inzwischen sind über 70 samenfeste, also fruchtbare Gemüse-Neuzüchtungen und rund 40 neue Getreidesorten zugelassen. Ihre Pluspunkte: schon in der Entwicklung, die bis zu zehn Jahre dauern kann, wird auf Geschmack und Bekömmlichkeit selektiert. Die Züchtung erfolgt standortbezogen und bringt so regional angepasste Sorten-Vielfalt hervor. Die fruchtbaren Pflanzen vererben ihre guten Eigenschaften weiter, im Gegensatz zu den Hybrid-Angeboten der Industrie, bei denen das Saatgut jedes Jahr neu gekauft werden muss. So bleibt Saatgut als Kulturgut in der Hand von Bauern und Gärtnern und wird nicht zum reinen Wirtschaftsfaktor.