Wer kennt es nicht, das Postkartenmotiv mit Bergpanorama im Hintergrund und davor eine Almwiese mit grasenden Kühen? Bald beginnt die Weidesaison auf der Alm wieder und aus dem Anlass berichte ich euch heute mal, was auf einer Alm tagein tagaus so passiert und worauf ihr Menschen bei einer Wanderung in den Bergen achtet solltet.
Das Leben auf einer Alm stellen sich viele ja total idyllisch vor: Weideromantik, Sonnenschein, mit den Tieren über den Berg laufen und Gänseblümchen pflücken. Aber ganz so rosig ist die Almwirtschaft nicht, denn der Alltag ist harte körperliche Arbeit, von den frühen Morgenstunden bis zum Abend. Es gibt verschiedene Almbetriebe, am weitesten verbreitet sind die Alm mit Jungvieh und die Alm mit Milchkühen. Oft kommt noch eine Bewirtung von Wandertouristen als zusätzliches Standbein dazu. Ich habe bei Lena von der Alpe Mitterhaus nachgefragt, wie ihr Alltag zwischen Mai und September, das ist die Alpsaison, aussieht.
Das Gebiet der Sennalpe Mitterhaus umfasst gut 50 Hektar Weidefläche. Von Ende Mai bis Ende September weiden hier gut 20 Milchkühe, 40 Jungrinder, fünf Kälber und 12 Schweine.Eine Alm (bairisch), Alp, Alpe oder Alb (alemannisch) bezeichnet die während der Sommermonate benutzten Bergweiden, Wirtschaftsgebäude und sonstige Infrastruktur (Wikipedia)
Lena: Zuerst müssen diejenigen aufstehen, die sich um die Kühe kümmern. Das ist normalerweise um halb fünf, wenn es im Hochsommer sehr heiß wird, auch manchmal schon um vier Uhr morgens. Die Kühe müssen am Morgen erst mal von der Weide in den Stall geholt werden. Dort werden sie dann gemolken. Danach werden sie zurück auf die Weide gebracht und der Stall und das Melkzeug muss wieder sauber gemacht werden.
Während des Melkens kann auch der Senn mit der Arbeit beginnen: Er erhitzt die Milch vom Abend und die frische Milch vom Morgen, um aus der gesamten Milch Käse herzustellen. Der Prozess des Käsens zieht sich bis in den Vormittag hinein. Zwischendurch, wenn die Milch im Kessel ist und die Kühe wieder auf der Weide sind, wird aber natürlich auch gemeinsam gefrühstückt.
Danach wird dann auch noch alles für die Bewirtung hergerichtet. Ab zehn Uhr kommen die ersten Gäste. Außerdem müssen auch noch die Schweine gefüttert werden und einmal am Tag schaut jemand nach den Jungrindern, die teilweise weit verstreut auf den großflächigen Bergwiesen grasen.
Gegen halb fünf werden die Milchkühe dann wieder in den Stall geholt, gemolken und dann wieder auf die Weide gebracht. Abends freuen wir uns dann alle auf ein wohlverdientes Abendessen! Zusätzlich zu diesen täglichen Arbeiten müssen auch häufig Zäune und Tränken kontrolliert und manchmal repariert werden. Außerdem mähen wir auch manche der ebenen, niedrigen Flächen, um Heu für den Winter zu haben. Es gibt immer was zu tun...
In diesem Sommer leben wir mit 5 Erwachsenen und 2 Kindern auf der Alpe.
Die Bewirtung ist wichtig für uns, weil wir so die Möglichkeit haben, sehr viele unserer Produkte selbst zu vermarkten. Kürzer kann der Weg zwischen Rohstoffen (von der Bergwiese zur Milch), Weiterverarbeitung (von der Milch zum Käse) und Endverbraucher (unseren Gästen) gar nicht sein! Das ist für beide Seiten schön: Unsere Gäste schätzen die ursprünglichen Produkte und wir erleben die Wertschätzung unserer Arbeit.
Beim Zukauf von Produkten für die Bewirtung sind wir ziemlich streng: Wir kaufen 100% Bioprodukte, achten zusätzlich auf kurze Wege und bei Produkten von weit weg (wie z.B. Kaffee) auf Erzeugnisse aus fairem Handel.
Es ist etwas ganz besonderes, den ganzen Sommer lang zwischen Bergen, Alpwiesen und Tieren leben zu dürfen. Obwohl es auch sehr viel Arbeit ist, entsteht bei uns selten so etwas wie Stress. Das Leben und Arbeiten auf der Alp fordert Kopf, Herz und Hand und macht uns sehr zufrieden, weil wir oft unmittelbar die Früchte unseres Tuns sehen können: Artenreiche Alpwiesen, den sich füllenden Käsekeller, zufriedene Gäste...
Auf einer Alm genießen meine Kolleginnen und Kollegen vor allem eins: frische Luft, vielfältige Gräser und Kräuter und Freilauf auf wunderbar weitläufigen Berghängen. Die großflächigen Weidegebiete werden manchmal durch Wanderwege oder sogar Mountainbike Strecken gekreuzt. Eigentlich sind wir Kühe ja friedliche Tiere, aber wenn plötzlich Hunde laut bellen und auf uns zu rennen oder wir unsere Kälber dabeihaben, die wir selbstverständlich beschützen wollen, dann werden uns Mensch und Hund auch mal zu viel. Wenn unsere Warnsignale nicht verstanden werden, dann ist unser letzter Ausweg der Angriff. Von daher beachtet bitte ein paar grundsätzliche Spielregeln wenn ihr in den Bergen in der Nähe einer Alm unterwegs seid:
Im äußersten Notfall: groß machen und die Kuh durch einen gezielten Schlag auf die Nase (mit einem Stock oder Wanderstab) abwehren.
Für die Video-Fans unter euch: schaut mal rein, hier sind die Verhaltensregeln auch gut zusammengefasst!
In diesem Sinne steht einer erlebnisreichen und vor allem sicheren Alm-Saison für uns Kühe und euch Menschen nichts mehr im Wege.
Bis bald wieder,
eure Sophia