Erdbeersaison nimmt Tempo auf

Es wurde auch Zeit. Längst sind die Erdbeeren aus Südspanien in unseren Supermärkten, da endlich werden einheimische geboten. Am 2. Mai startete offiziell die Saison. Die magere Apfelernte vom Vorjahr ist längst aufgebraucht. Die einheimischen Erdbeeren brauchen erheblich weniger Wasser und Transportenergie als die aus dem trockenen Südspanien, wie Öko-Test gerade feststellte. Ich brauche vor allem Aroma. Und Aroma braucht Sonne sowie lebendigen Boden. Die mittels Tunnelanbau verfrühte Ware bedient, wie die Importbeeren auch, eher den zunehmenden Trend zur Beschleunigung unseres Lebens. Erdbeeren assoziiere ich mit Geburtstagskuchen im Juni, nach Rhabarbertorte und vor Johannisbeerernte. Aber vielleicht habe ich die durch den Klimawandel bedingte Verfrühung nicht bedacht. Der Philosoph Sloterdijk aber hatte wohl recht mit seiner Kernthese in „Eurotaoismus“ vor bald dreißig Jahren: Unser Fortschritt besteht vor allem in der Beschleunigung aller Lebensbereiche zu noch mehr Bewegung. So, wie ein stetig erhitztes Gas mit immer rasanterer Molekularbewegung reagiert. Zeit ist Geld. Dabei haben Lebewesen und Lebenszusammenhänge ihre Eigenzeiten. Die – zugegeben – durch Züchtung gedehnt werden können. Aber Getreide braucht immer noch den Frost vor dem Wachsen und die Sommerhitze zum Reifen, nur um ein Beispiel zu nennen. Die Abkürzung zur Reife heißt da Glyphosat. Reife dauert länger z. B. bei Hähnchen, die raus dürfen, oder bei Weidemastvieh. Das kennen wir von uns Menschen: Was wir nicht durchlebt und seelisch verwandelt haben, holt uns später ein: Abkürzungen haben ihren Preis. Der unserer hyperkonsumistischen Lebensweise ist die Erderwärmung. Gegen die helfen heimische Bio-Erdbeeren, wenigstens ein bisschen.

Der Demeter-Blog wird verfasst von Michael Olbrich-Majer, Redakteur der Fachzeitschrift Lebendige Erde.

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