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Biene gegen Bauer?

Trecker rollen über die Straßen der Hauptstadt – in lautem, verzweifeltem Protest gegen das geplante Insekten­schutzgesetz. Auf der anderen ­Seite: Bienenschützer*innen, die Bäuerinnen und Bauern für den Rückgang der Artenvielfalt verantwortlich machen. Antje Kölling, politische Sprecherin von Demeter, fordert aufeinander zuzugehen, denn: Bienen und Bauern brauchen sich gegenseitig.

Illustrationen: Juliane Pieper

Ein bundesweites Insektenschutzgesetz wurde von den Ministerinnen Schulze und Klöckner auf den Weg gebracht. Es erfolgten Proteste vonseiten der Landwirt*innen, die befürchten, unter den neuen zusätzlichen Vorgaben und Regulierungen nicht mehr wirtschaftlich arbeiten zu können, da etwa der Einsatz von Glyphosat ab 2024 verboten werden soll. Gleichzeitig enttäuscht das Gesetz Naturschutz-, Umwelt- und Ökoverbände, denn weitergehende Verbote von Pestiziden sieht es nur in Naturschutzgebieten vor – viel zu wenig, um das Insektensterben zu stoppen.

Das kannst du für die Insekten tun!

  • Sorge dafür, dass Insekten einen Lebensraum und Futter finden, ob im Garten, auf dem Balkon oder sogar auf dem Fensterbrett. Der Nabu bietet dazu allerlei Tipps, wie du Bienen, Hummeln und Schmetterlingen helfen kannst.
  • Wenn du Blumen oder Sträucher pflanzt, schaue vorher, ob sie Insekten einen Nutzen bringen. Also: kein Bambus und keine exotischen Blumen, die heimischen Insekten keine Nahrung bieten, dafür mehr Vielfalt und möglichst eine zeitversetzte Blüte.
  • Jage störende Insekten im Haus oder in der Wohnung nicht gleich mit der Fliegenklatsche, sondern versuche sie nach draußen zu befördern; bringe am besten Insektengitter an Fenstern und Türen an.
  • Unterstütze insektenfreundliche Landwirtschaft mit dei­nem Einkauf; Bioprodukte werden beispielsweise immer ohne Pestizide erzeugt. Als Getränke bieten sich Säfte von Streuobstwiesen an – denn diese bieten Millionen Insekten einen Lebensraum.
  • Setz dich ein und mach mit: etwa in Naturschutzverbänden wie dem Nabu oder bei Artenschutz-Initiativen in deiner Nähe.
  • Mehr über Bienen lernen: www.probiene.demellifera.de, Bienen.Bäume.Zukunft.

Die Landwirt*innen nicht alleinlassen

„Das Insektensterben und der Verlust biologischer Vielfalt insgesamt sind ein gesamtgesellschaftliches Problem. Deshalb müssen wir auch die Verantwortung für dessen Lösung gerecht verteilen. Die Bringschuld darf nicht allein denen zugeschoben werden, die mit unermüdlichem Einsatz für unser aller Lebensmittel sorgen“, meint Antje dazu. „Klar ist allerdings: Wir brauchen dringend weitreichende und sinnvolle Maßnahmen, um das Insektensterben zu stoppen. Damit dürfen die Landwirt*innen  aber nicht alleingelassen werden. Wenn wir wollen, dass es wieder mehr Schmetterlinge, Bienen, Käfer, Hummeln und Libellen gibt, müssen wir die Bauern, die ihnen den Lebensraum stellen, dafür honorieren. Hier sind die Bundesländer in der Pflicht! Denn die Landwirtschaft steht unter einem enormen Preisdruck: Wer konventionell wirtschaftet und kaum 30 Cent für den Liter Milch bekommt, kann nicht aus der eigenen Tasche Hecken pflanzen.“ Auch muss – zu Recht verweisen einige Landwirt*innen darauf – in den privaten Gärten etwas passieren: Schottergärten, Bambushaine oder gepflasterte Höfe bieten Insekten keine Heimat. So fordert Demeter auch alle Bürger*innen auf: Bringt mehr Blüten in die Gärten, damit die Biene nicht verhungert!

 

Bäuerinnen und Bauern aus dem Demeter-Verband haben sich auch politisch bereits für Insektenschutz stark­gemacht – so waren sie beispielsweise bei den Initiator*innen des erfolgreichen Pionier-Volksbegehrens dieser Art in Bayern dabei: Das Volksbegehren „Artenvielfalt & Naturschönheit in Bayern“ wurde unter „Rettet die Bienen“ bekannt. Es bewirkte tiefgreifende Änderungen im Bayerischen Naturschutzgesetz und ist jetzt schon seit bald zwei Jahren in Kraft. Im Mai 2019 starteten zwei Demeter-Imker das Volksbegehren Artenvielfalt in Baden-Württemberg. Diese Initiative führte zu einem Gesetz, auf dessen gemeinsamen Entwurf sich erstmals Regierungsparteien, Landwirtschafts- und Umweltschutzverbände geeinigt haben; auch der Bauernverband trägt dies mit. In beiden Bundesländern wurden breite gesellschaftliche Diskussionen geführt, um die unterschiedlichen Perspektiven zu berücksichtigen.

Gegen das Höfesterben und das Bienensterben!

Die Europäische Bürger*inneninitiative „Bienen und Bauern retten!“, die von Demeter unterstützt wird, nimmt beide in den Blick: Denn nicht nur die Biene, auch die bäuerliche Landwirtschaft droht zu einer vom Aussterben bedrohten Spezies zu werden. Dazu meint Antje: „Wir wollen Chancen für junge Menschen, die ihre Zukunft in der Landwirtschaft sehen – und wir wollen sie motivieren, ihre landwirtschaftliche Zukunft im Einklang mit Natur und Artenvielfalt zu finden. Insektenschutz kann nur gelingen, wenn alle Seiten mitreden und mitgenommen werden – letztendlich ist es in unser aller Interesse, dass es weiter summt und brummt.“

Biodiversität

Demeter-Landwirt*innen setzen sich besonders für den Insektenschutz ein – eine Metastudie des Thünen-Instituts hat 2019 für den Ökolandbau eine höhere Vielfalt von Wildpflanzen, Insekten und Vögeln auf ökologisch bewirtschafteten Flächen nachgewiesen. Zusätzlich pflanzen viele Demeter-Bäuerinnen und -Bauern Hecken oder legen Biotope an. Seit 2013 ist es bei Demeter Pflicht, auf zehn Prozent der Betriebsfläche den Fokus auf die biologische Vielfalt zu setzen. Davon profitieren am Ende nicht nur Bienen, Hummeln und Käfer. Denn die Landwirtschaft ist auf Insekten angewiesen: Sie beleben den Boden, haben eine wichtige Rolle im Nährstoffkreislauf und bestäuben die Pflanzen.