Rückblick

BIOFACH-Kongress

Beim Stichwort „Biofach“ denken die meisten von uns in erster Linie an den „üblichen Messebetrieb“: Riesige Hallen voller bunter Stände, Produktneuheiten, Vertriebsgespräche und vieles mehr, was sich in erster Linie um den Markt für Bio-Produkte dreht. Es gibt daneben jedoch auch noch den Kongress-Bereich, der ein ähnlich buntes Programm bietet, dabei aber oft sehr politisch wird. Als deutscher Demeter-Verband waren wir in diesem Jahr breit im Kongress-Programm präsent und haben dabei vor allem folgende Themen gesetzt und besetzt:

v.l.n.r.: Tina Andres (Landwege), Anja Frey (Völkleswaldhof), Alexander Gerber (Demeter-Vorstand) und Anne Flohr (Demeter)

Assoziatives Wirtschaften und Wertschätzungskette

„Bio wird sich nicht im Anbau weiter entwickeln, sondern im Sozialen und vor allem in den Handelsbeziehungen“, dieses Fazit zog Boris Voelkel beim vom Demeter e.V. organisierten Fishbowl. Moderiert von Alexander Gerber diskutierten Vertreter entlang der gesamten Wertschöpfungskette: Klaus Wais (Demeter) und Klaus Engemann (Bioland und FairBio) beleuchteten das Thema jeweils aus landwirtschaftlicher Perspektive; Volker Schwarz (BODAN) brachte die Sicht des Fachhandels ein und Meinrad Schmitt (Terra Naturkost) sprach in seiner Rolle als Gründungsmitglied des Märkischen Wirtschaftsverbund, der bereits seit Jahren an runden Tischen Wertschöpfungsketten zusammenbringt. Herausgearbeitet wurde wie zentral Transparenz über Bedarfe und Bedürfnisse für wertschätzende Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Käufern ist; und dass langfristige Zusammenarbeit für beide Seiten vorteilhaft gestaltet werden kann, durch „empathisches Einkaufen“, aber auch faires Verhandeln auf „Angebotsmärkten“. Lebhaft wurde die Diskussion mit Publikumsvertretern auf dem freien Stuhl als es darum ging, die Perspektive der Verbraucher mitzudenken – die durchaus bereit sind, Fairness und Regionalität wertzuschätzen, wenn sie ihnen klar, verständlich und ehrlich kommuniziert werden.

Verbands-Bio im Lebensmitteleinzelhandel

Die Frage, was die zunehmende Vermarktung von Verbands-Bio im Lebensmitteleinzelhandel für die Bio-Branche bedeutet, war Thema bei gleich zwei Podiumsveranstaltungen: ein Mal diskutierten verbandsübergreifend Alexander Gerber, Jan Plagge (Bioland) und Steffen Reese (Naturland) mit je einem Vertreter von Rewe und Globus über die bisherigen Erfahrungen mit der Vermarktung von Verbands-Bio. Dass wir als Verbände noch lernen müssen, wie man Verbraucher umstellt, war dabei ein zentrales Thema; ebenso die Bürger-Verbraucher-Lücke, die zwischen Umfragen zur Zahlungsbereitschaft für mehr Tierwohl auf der einen Seite und dem tatsächlichen Einkaufsverhalten auf der anderen Seite immer wieder klafft. Alexander Gerber betonte vor allem, dass der Einzelhandel über Kultur und Zusammenarbeit im Bio-Sektor Einiges lernen muss: dass zum Beispiel Umstellungsprojekte gemeinsam entwickelt und dabei entlang der Wertschöpfungskette kooperiert werden muss und nicht einfach von heute auf morgen andere Qualitäten beim Zwischenhändler bestellt werden können.

Beim zweiten Panel zu diesem Thema lag der Fokus explizit auf den Erfahrungen mit den Demeter-Vertriebsgrundsätzen, über die Alexander Gerber mit Anja Frey vom Völkleswaldhof und Tina Andres von der Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft Landwege diskutierte. Mit den Worten „Wir müssen uns nicht sorgen, weil der LEH nun ebenfalls bestes Bio vermarktet, aber wir müssen Sorge tragen, dass wir in der Bio-Branche weiterhin in Qualitätsbeziehungen zusammenarbeiten“ fasste Tina Andres den Kern dieser Diskussion pointiert zusammen.

Biozüchtung statt Einbahnstraße

Frisch zur Biofach erschienen war das neue Ökobarometer. Auch 2019 haben Umfragen wieder gezeigt, dass Verbraucher*innen Ökoprodukte auch deshalb kaufen, weil sie hier darauf Vertrauen können, dass Gentechnik weder auf den Acker noch ins Tierfutter kommt. Daher betonte Demeter-Sprecherin Antje Kölling auf dem Podium des BÖLW mit MEP Martin Häusling, dass es für die Biobranche existenziell wichtig ist, dass auch neue Gentechniken reguliert bleiben. Wie der EUGH 2018 bestätigt hat, unterliegen auch die neuen Gentechnikverfahren einer Risikoprüfung sowie der Kennzeichnungspflicht. Diskutiert wurden Bestrebungen einger Politiker*innen, das EU-Gentechnikrecht aufzuweichen. Im von Bioverita organisierten Workshop zur Biozüchtung betonte Antje Kölling, dass es jetzt dringlicher ist denn je, eigene Wege in der Pflanzenzüchtung zu gehen und für den biodynamischen und ökologischen Anbau angepaßte Pflanzen hervorbringen. Die Biozüchtung hat mit wenig Geld in den letzten Jahre bereits einige interessante Sorten hervorgebracht. Nun muss sie stärker in die Breite kommen, um dem ganzheitlichen, systemorientierten Ansatz des Ökolandbaus auch bei der Sortenauswahl  noch stärker zu berücksichtigen. Daher arbeiten die Bioverbände an einer gemeinsamen Strategie, die Refinanzierung der Züchtung aus der Wertschöpfungskette zu stärken und verläßlicher zu machen.