Mit Sicherheitsabstand im Weinberg

Unsere Welt dreht sich momentan anders, der Corona Virus sorgt für Einschränkungen im Alltag, wie sie zumindest in Deutschland zum Glück seit Bestehen der Bundesrepublik nicht vorgekommen sind. Viele Arbeitnehmer*innen sind mittlerweile im Homeoffice oder in Kurzarbeit, andere pflegen oder betreuen Familienangehörige.

Unsere Mitglieder kümmern sich weiter darum, dass wir zu essen und trinken haben. Wir wollen Einblick geben in die Arbeit unserer Mitglieder in diesen besonderen Zeiten. Nachdem Max Steigmiller, Junglandwirt aus Baden-Württemberg, den Auftakt gemacht hat, berichten wir heute aus Rheinland-Pfalz: Winzerin Hanneke Schönhals leitet in Biebelnheim den Familienbetrieb in dritter Generation.

Welche Veränderungen gibt es nun durch Corona in deinem Betriebsalltag, Hanneke?

Auf unserer Produktionsseite gibt es keine Veränderung. Die Natur interessiert sich nicht für Corona, die Knospen schwellen und wir sind viel draußen, erledigen Handarbeiten, biegen die Reben, sammeln Pheromone aus dem letzten Jahr ein. Unsere Saisonarbeitskräfte können aktuell nicht kommen und wir sind froh, in Freund*innen des Hauses unkompliziert und schnell neue Mitarbeitende gefunden zu haben. 

v.l.n.r.: Martin Knab, Christoph Hosseus, Hanneke und Eugen Schönhals (Bild: Annegret Hirschmann)

Wie sich die Gesamtsituation nun weiter entwickelt müssen wir beobachten, ändern können wir es sowieso nicht. Bitter ist, dass uns in Gastronomie & Handel viel Umsatz wegbricht und auch die Exporte sind zum Erliegen gekommen.  Darum intensiveren wir jetzt unser Privatkund*innengeschäft – Diversität hilft auch auf der Kund*innenseite.

Was macht ihr im Team, um euch zu schützen?

Die Zeilenbereite im Weinberg liegt bei zwei Metern. Den erforderlichen Mindestabstand halten wir somit im Feld relativ leicht ein. Innerbetrieblich fällt es uns auch sonst leicht die Sicherheitsbestimmung einzuhalten, wir sind im Kernteam zu dritt, haben einen großen Esstisch und im Traktor sitzt man ja eh automatisch in einer „Corona-Schutzkabine“ :-). Bei den anstehenden Weintouren tragen wir Handschuhe und von meiner Tante genähte waschbare Schutzmasken.

Bild: Christoph Hosseus

Wie ist die Situation im Laden?

Kontaktloses Bezahlen bei uns möglich, aber wir spüren auch, dass der Reiseverkehr und der Ab-Hof-Verkauf stark  abgenommen haben. Wir beliefern deswegen aktuell ab 12 Flaschen portofrei, was auch von einigen Stammkund*innen genutzt wird. Ende April planen wir mit viel Zuversicht unsere Weintouren quer durch die Republik, da besuchen wir langjährige Kund*innen daheim und liefern direkt in den Keller, hoffentlich klappt das auch dieses Jahr. Veranstaltungen und Messen sind aktuell bis Ende April abgesagt, ggf. geht das aber auch noch bis in den Sommer hinein.

Bild: Christoph Hosseus

Was erhoffst du dir nun von der Politik?

Mir ist es wichtig, dass wir in dieser Krise auch eine Chance sehen. Wenn 300.000 Saisonarbeitskräfte nicht aus dem Ausland zu uns kommen können, müssen wir kurzfristig andere Wege finden und auch darüber nachdenken, ob dieses System nachhaltig ist. Die regionale Landwirtschaft und auch die Leistung, die sonst Menschen aus dem Ausland jedes Jahr auf unseren Feldern leisten, bekommen einen neuen Stellenwert. Grundsätzlich haben es meiner Meinung nach die Verbraucher*innen in der Hand, Lebensmitteln auch eine höhere Wertschätzung zu schenken. Parallel brauchen wir natürlich auch nach wie vor die notwendigen Weichenstellungen und angepassten Subventionen aus der Politik, sowie einen gesellschaftlichen und medialen Diskurs über den Wert der nachhaltigen Landwirtschaft.

Wir sehen gerade, wie sich die Natur, ungeachtet von Corona, zum Positiven entwickelt. Wir können uns darüber klar werden, was wir als Verbraucher*innen wirklich brauchen. In der Demeter-Gemeinschaft beschäftigen uns diese Fragen schon länger, die nun  in der Breite der Gesellschaft diskutiert werden. Es besteht zudem eine große Chance unser Konsumverhalten und auch (globale) Wirtschaftszusammenhänge auf den Prüfstand zu stellen.

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2020